Sweet Dreams

 Eine Reportage von Katarina Schaffarschick, Jessica Drigo, Marei Maja Rossbach, Hanna Eiermann und Kevin Graf

Im Reich der süßen Träume

Sweet Dreams are made of this…

Mainz-Kostheim. Ein trüber Februarmorgen, ein Hauch von Frühling liegt aber schon in der Luft. Wir, fünf Publizistik-Studenten der JGU, sind auf dem Weg zur Tortendesignerin Olga Fuchs (40), die sich vor nunmehr 6 Jahren selbständig gemacht hat und seit August 2014 ihren eigenen kleinen Laden besitzt. Zwischen Kindertagesstätte und Mehrfamilienhäusern ist ihr unscheinbares Reich. „Süße Träume“ steht auf dem Schaufenster geschrieben und sobald man durch die Tür eintritt, will man sofort glauben, dass Olga Fuchs beim Backen Träume wahr werden lässt.

Ein angenehmer, leichter Duft von Kuchen, Marzipan und Zuckerverzierung erfüllt den ganzen Raum. Kindheitserinnerungen wie Plätzchen backen, verbotenes Teignaschen oder das Herumwerkeln in der Kinderspielküche, während Mama nebenan den richtigen Kuchen backte, werden wach. Auch die Einrichtung lässt uns glauben, wir seien im Kleine-Mädchen-Paradies gelandet: Aufwändig verzierte, mehrstöckige Tortenkunstwerke und in perfekter Handarbeit gefertigte Zuckerfiguren strahlen uns vor rosa-grüner Blümchentapete entgegen.

Zur Begrüßung steht auf dem Tisch eine wunderhübsche kleine Torte, die wir später am Tag noch kosten dürfen. Die zitronengelbe Farbe lässt schon erahnen, dass es süß-säuerlich schmecken wird. Wir können es kaum erwarten von ihr zu naschen…

Aber erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen!

Olga Fuchs empfängt uns mit einer sehr herzlichen, offenen Art, obwohl sie selbst noch nicht genau weiß, was sie von den Kameraaufnahmen in ihrem Atelier eigentlich halten soll. Der Rummel um ihre Person ist für sie etwas völlig Neues, da sonst nicht sie, sondern ihre Torten im Mittelpunkt stehen.

Trotzdem ist sie gerne bereit, uns von ihrem Leben als Backkünstlerin zu erzählen. Los geht’s!

Der Arbeitsaufwand

Olga Fuchs stellt ihre Torten nach den individuellen Wünschen der Kunden her, demzufolge ist jede Torte ein Unikat. Mehr als zwei Aufträge pro Woche kann sie nicht annehmen. Deshalb ist sie schon ein Jahr im Voraus ausgebucht. Für eine einzige Torte benötigt sie mehrere Tage. Vor allem Hochzeitstorten sind sehr aufwendig und haben eine gewisse Vorlaufzeit. In der Regel rechnet sie für eine Hochzeitstorte drei Arbeitstage ein, vom Backen des Grundteigs über die Füllungen bis hin zur Ummantelung und der Verzierung. Mehr als drei Tage vor der Hochzeit darf Olga Fuchs eine Hochzeitstorte aber auch nicht fertigstellen, da sie nicht länger haltbar ist und sonst an Frische verliert.

Die Kunden

Man sollte meinen, die schwierigsten Kunden seien die Brautpaare selbst. Der klassische Unterschied zwischen Mann und Frau lässt vermuten, dass hier die größten Uneinigkeiten auftreten, wie die Hochzeitstorte aussehen und schmecken soll.  Aber weit gefehlt…

Olga Fuchs hat schon oft erlebt, dass die schwierigsten Kunden sich meist am Nächsten stehen und sich eigentlich am Ähnlichsten sind: Mutter und Tochter. Wenn eine Kundin mit ihrer Mutter kommt, ist das für sie schon oft zu einer Herausforderung geworden. Während die zukünftige Braut schon genau weiß, wie ihre Hochzeitstorte aussehen und schmecken soll, haben die Brautmütter ihre eigene Vorstellung von der Hochzeitstorte und versuchen ihre Töchter von ihren Ideen zu überzeugen. Die Bräute wollen meist moderne, jugendliche Torten mit fruchtigem Geschmack und einer ausgefallenen Verzierung. „Vielleicht nimmst du lieber eine Torte, wie ich sie früher bei meiner Hochzeit auch hatte“, hört Olga Fuchs nur zu oft von den Mamis. Aber nicht nur darüber sind sich Tochter und Mutter uneins, auch beim Preis zucken die Mütter schon einmal zusammen. Zum Glück haben immer noch die zukünftigen Bräute das letzte Wort und so bekommt jede Braut das, was sie möchte. Die zukünftigen Ehemänner werden da meist gar nicht erst hinzugezogen, sie überlassen die Auswahl ganz ihren Frauen. Den Kundinnen zu sagen, dass sie ihre Mamas bei der Tortenbesprechung, für die Nerven aller Anwesenden, besser daheim lassen sollten, würde Olga Fuchs aber nie übers Herz bringen.

Olga Fuchs produziert keine Massenware, sondern nur einzigartige Kreationen mit edlen Zutaten. Qualität und Perfektion haben ihren Preis: Eine kleine Torte für 12 Personen kostet ab 60 Euro….

Die Traum-Bäckerin

Nun haben wir schon einiges über die Arbeit von Olga Fuchs erfahren, aber natürlich ist die Person des Konditors, oder wie in unserem Fall der Konditorin, genauso wichtig wie die Torte selbst.

 Daher möchten wir ein wenig von OLGA FUCHS erzählen; Wer sie ist, wo sie ursprünglich herkommt und wie ihre Ausbildung verlief, ob es Unterschiede zu der Ausbildung in Deutschland gibt und welche Hürden sie in Deutschland als Konditorin meistern musste und noch heute meistert.

Streckbrief ohne bild

Ihre Ausbildung

Es ist schwierig, sich wie Olga Fuchs als Tortendesignerin zu etablieren. Konditor ist ein geschützter Beruf, sie bietet aber viel kreativere Torten und mehr Dienstleistungen an als ein normaler Konditor. Individuelle Beratung, persönliche Gespräche und Verkostungen mit Braut und Bräutigam, durch Kleinunternehmer wie Olga Fuchs wird ein Schaden in der Konditor-Branche befürchtet. Es gibt in Deutschland nur wenige, die gewerblich individuelle Torten backen und sich von der Handwerkskammer als Konditor anerkennen lassen.

Ihre Ausbildung zur Konditorin hat sie in ihrer Heimat Kasachstan absolviert. Die Unterschiede zwischen der Ausbildung  in Deutschland und in Kasachstan sind deutlich. Zwar ist die Ausbildungsdauer von drei Jahren mit der in einer deutschen Konditorei gemein. Allerdings erhielt Olga Fuchs in ihrer Heimat Kasachstan eine viel fundiertere Ausbildung als sie es in Deutschland gibt. Ihr Wissen als Konditorin wäre in Deutschland vergleichbar mit dem eines Konditormeisters. Sie darf sich als Konditormeisterin aber nicht bezeichnen und auch bei der Anerkennung ihrer Ausbildung 1997 in Deutschland gab es mehrere Probleme. Die Mühlen der Bürokratie haben sie zwei Jahre gekostet. Für die Anerkennung ihrer Ausbildung musste sie zudem weitere Prüfungen in Deutschland absolvieren, besonders auf die Hygienevorschriften wurde in der deutschen Prüfung Wert gelegt.„Die Hygienebestimmungen in Deutschland sind um einiges schärfer und werden streng eingehalten“, erzählt Olga Fuchs. Die Nachprüfungen in Deutschland absolvierte sie mit Bravour und erhielt als Belohnung die Anerkennung ihrer Ausbildung für Deutschland.

Olga Fuchs sagt, dass sie aber noch Glück gehabt habe. Käme sie heute erst als Konditorin nach Deutschland und wollte sich ihre Ausbildung anerkennen lassen, so ginge das nicht mehr. Die deutsche Bürokratie erkenne eine im Ausland erworbene Ausbildung nicht mehr an. Bereits wenige Jahre nachdem sie aus Kasachstan nach Deutschland kam, wurde die Anerkennung einer fremden Ausbildung abgeschafft. Sie hätte dann noch einmal von vorne anfangen und eine Ausbildung in Deutschland beginnen müssen.

Ihre Vorlieben

Kindertorten sind für Olga Fuchs das Schönste in ihrem Beruf und machen ihr besonders viel Spaß. Sie kann sich kreativ austoben und vielfältige Details für eine Torte wählen: Einen kleinen Schuh oder kleine Figuren für oben drauf. Von Kindertorten alleine könnte sie allerdings nicht leben. Hochzeitstorten sind ihr Hauptverdienst.

Nachdem wir jetzt genug über die Theorie berichtet haben, geht es ans Praktische. Schließlich benötigt die Fertigung einer Torte auch einiges an Zeit und Zuwendung…

Die Entstehung süßer Träume

Die Zutaten

Die meisten Torten, egal ob Hochzeitstorte, Kindertorte oder eine Torte für einen anderen Anlass, haben eins gemeinsam: die Grundzutaten. Die kreativen Kunstwerke zum Vernaschen bestehen zunächst aus einem einfachen Biskuitteig. Die Zutaten dafür sind soweit noch nichts Besonderes: Eier, Zucker, Mehl, Butter. Erst wenn die Ummantelung aus Fondant und die abschließende Verzierung dazu kommen, wird aus einer Torte ein Kunstwerk. Wie aus den genannten Grundzutaten unser Kuchen entsteht, haben wir selbst in ihrer kleinen Backküche erlebt und mitgestaltet.

Die Füllungen

Ein trockener Kuchen macht noch keine Torte: Erst die vielfältigen Füllungen zwischen den Teigschichten bestimmen den Geschmack und die Konsistenz des Backwerks. Dabei gibt es viele saisonale Unterschiede, denn für sommerliche Temperaturen sind manche Tortenfüllungen weniger geeignet als andere. Auch von Land zu Land sind die Geschmäcker bei Zutaten und Füllungen verschieden.

Klassische Torten sind saftig, weich und lassen sich schlecht stapeln, da sie sonst instabil werden. Olga Fuchs hat sich auf die trockenere englische Technik spezialisiert, weil es unrealistisch ist, ihre mehrstöckigen Torten mit mehr Cremes zu füllen. Für feste Füllungen nimmt sie Ganache. Das ist eine aushärtende Creme aus weißer Schokolade und Sahne, die man auch färben und geschmacklich verfeinern kann.

Olga Fuchs benutzt so wenig Chemie wie möglich und verwendet stattdessen natürliche und hochwertige Produkte, denn beispielsweise durch verschiedene Früchte lassen sich ohne künstliche Zusatzstoffe Farbe und Geschmack variieren.

Nicht nur bei den Kunden, sondern auch bei ihrer eigenen Familie sind ihre Backkünste gefragt. Für Familienfeste backt Olga Fuchs oft russische Torten. In ihnen sind allerdings mehr Zucker, Nüsse und Kondensmilch enthalten als in deutschen Torten.

Die Ummantelung

Ist der Biskuit erst einmal gebacken und gefüllt, kommt die Versiegelung der Torte. Die Ummantelung hält das Torteninnere zusammen und sorgt dafür, dass die Torte innen frisch und saftig bleibt. Olga Fuchs nutzt Fondant für die Ummantelung. Sie zeigt uns, wie sie die fertige Torte damit überzieht.

Was ist überhaupt Fondant?

Fondant (frz. „schmelzend“) stammt aus Frankreich und bezeichnet eine weiche Zuckermasse, die zur Herstellung verschiedener Süßwaren, und vor allem für die Verzierung von Torten aller Art, verwendet wird.

Der Fondant wird aus Wasser und Saccharose sowie Glucosesirup, Invertzuckercreme und/oder Zuckeralkoholen hergestellt. Der Zuckeranteil liegt damit bei rund 90%. Die Masse wird gekocht und dann durch starkes Kneten und schnelle Abkühlung zu einer weichen Paste verarbeitet. Anschließend können verschiedene Aromen oder Lebensmittelfarbe hinzugefügt werden. Der Fondant wird ausgebacken und dadurch fest. Er bleibt allerdings beweglich und kann zu verschiedenen Ornamenten und Figuren geformt werden.

Die Dekoration

Die Ummantelung der Torte ist abgeschlossen und jetzt geht es erst richtig ans Eingemachte. Während das Backen des Biskuits und die Ummantelung mit Fondant noch eine relativ schnell erledigte Aufgabe war, kommen wir nun zum Finale: der Dekoration.

Für die Verzierung einer Torte benötigt Olga Fuchs die meiste Zeit und ein ungeheures Fingerspitzengefühl. Von lebensecht aussehenden Blüten über Schleifen, Figuren und Rüschen, gestaltet sie alles selbst. Dazu entwirft Olga Fuchs mit vorgezeichneten Skizzen für jede Torte ein einmaliges Design.

Derartige Präzision und Kreativität, mit denen Olga Fuchs den süßen Träumen Leben einhaucht, sind auch für eine ausgebildete Konditorin nicht selbstverständlich. Nur wenige verfügen über die Geduld und das Talent, um solch detailverliebte Kunstwerke zu schaffen, was ihre Torten sehr gefragt macht.

Als Konditorin hat Olga Fuchs natürlich auch gelernt andere Süßwaren wie Törtchen, Kekse und Pralinen herzustellen. Diese kleinen, aber feinen Leckereien werden passend zu den Hochzeitstorten angefertigt und vollenden die Arrangements. Hier ist gefülltes Schaumgebäck zu bewundern.

Olga Fuchs verfolgt aktuelle Trends sehr genau und lässt sich auch von internationalen Star-Konditoren wie Peggy Porschen inspirieren.

„Der Trend dieses Jahr geht in Richtung Gold und Silber“, verrät sie uns. Dafür hat sie sich extra eine Airbrush-Pistole gekauft, mit der sie den essbaren Gold- oder Silber-Lack aufsprühen kann.

Selbst für Torten denkbar schwierige Motive und Themen stellt Olga Fuchs realistisch dar. Dank ihrer extravaganten Style-Torten wird sie regelmäßig zu Fotoshootings von Hochzeitsmagazinen und Fachzeitschriften eingeladen.

Die Verkostung

Das Ziel ist erreicht und wir haben langsam mächtigen Hunger. Unser gelbes Törtchen steht immer noch unangetastet auf dem Tisch im Kundenzimmer.

Endlich können wir am gedeckten Tisch Platz nehmen und die Torte probieren, deren Anblick uns schon das Wasser im Munde hat zusammenlaufen lassen. Eigentlich fast schon zu schade, ein solches Kunstwerk mit der Klinge eines Messers zu zerstören. Doch der Frust über die Vergänglichkeit des Tortenkunstwerks weilt nicht lange, denn es sieht nicht nur exzellent aus, sondern schmeckt ebenso.

So sitzen wir bei Tee und Torte, genießen das süße, unbeschwerte Leben und plaudern ein wenig. Olga Fuchs erzählt uns neben Anekdoten aus ihren Kundengesprächen vom Malheur einer heruntergefallenen Hochzeitstorte.

 Aber irgendwann ist auch das letzte Tortenstückchen vom Teller verspeist und der Magen so voll, dass unmöglich noch ein einziger Krümel hineinpassen würde. Da trifft sich es gut, dass Olga Fuchs wieder weiterarbeiten muss. Schließlich soll sie ja für Nachschub und neue Tortenkreationen sorgen. Und so verabschieden wir uns von Olga Fuchs. Unsere Bäuche sind gefüllt mit feinster Torte und Glücksgefühlen. Wir treten aus dieser kleinen, charmanten, von Kuchenduft durchströmten Prinzessinnen-Welt hinaus in die normale Alltagswelt, wo sich aber inzwischen der Morgennebel aufgelöst hat und die Nachmittagssonne in unsere Gesichter scheint.

Wir danken Olga Fuchs für die freundliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie für die leckere Torte, die wir probieren durften. Wer jetzt auch Lust bekommen hat, sich einen süßen Traum zu einem besonderen Anlass zu gönnen, schaut einfach unter www.ateliersüsseträume.de , was Olga Fuchs alles zaubern kann.

Außerdem danken wir Christina und Eduard Grjasin, die uns Fotos von vergangenen Style-Shootings mit traumhaften Torten von Olga Fuchs zur Verfügung gestellt haben. Mehr zur Wedding Photography unter: www.christinaeduard.de