Vorhang auf – ein Inspizient stellt sich vor.

Die Wartburg Eine Spielstätte des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden.

Im Jahre 1906 erbauten die Architekten Lücke und Bergen & Euler die „Wartburg“
für einen Wiesbadener Männergesangsverein. Das im Jugendstil errichtete Gebäu-
de mit seiner Sandsteinfassade befindet sich in der Schwalbacher Straße 51 und
dient heute dem Wiesbadener Staatstheater als Spielstätte. Seit August 2014 unter-
liegt die Intendanz der Wartburg Uwe Eric Laufenberg. Mit Hilfe seines Teams,
das u.a. aus Regisseuren, Schauspielern, Technikern, Bühnen– und Maskenbild-
nern, bietet die Wartburg in der Spielzeit 2014/15 zehn und in der Spielzeit 2015/16
sogar zwölf Produktionen an. Bevor ein Stück Premiere feiert, wird ca. 6 Wochen
lang täglich geprobt und gearbeitet, um den Besuchern ein professionelles und
anspruchsvolles Werk zu präsentieren.

Die Wartburg lädt die Besucher neben den regulären Spielzeiten ein, an soge-
nannten „Kostproben“ teilzunehmen. Dabei haben Interessierte die Möglichkeit,
den Probedurchlauf eines Stückes noch vor der Premiere mitzuerleben. Jedes
Jahr strömen zahlreiche Besucher in die Wartburg, um sich von dem besonderen
Ambiente und vielfältigen Stücken wie „Kill the Bugger“ (Regie: Thomas Jonigk)
begeistern zu lassen.

Der Inspizient Lassen Sie sich mit der Unterstützung eines Profis in den Beruf des Inspizienten einführen.

Am Theater gibt es viele Menschen, die dafür sorgen, dass ein Theaterbesuch
für uns so unterhaltsam wie möglich verläuft. Darunter selbstverständlich
Schauspieler, Regisseure, Tontechniker, Kostüm- und Bühnenbildner und
Dramaturgen. Auch Inspizienten tragen wesentlich und für den Zuschauer oft
unbemerkt dazu bei, dass eine Produktion so abläuft, wie gedacht.

Was genau ein Inspizient tut, welche Qualitäten ihn ausmachen und wie er maß-
geblich am Theatergeschehen teilhat, erklärt uns Frank Hietzschold, der selbst
seit Jahren als Inspizient in der Sparte Schauspiel für das Staatsthater Wiesbaden
und die Wartburg tätig ist.

Frank Hietzschold wurde 1984 in Dresden geboren. Schon in seiner Schulzeit war
klar, dass für ihn nur das Theater als späterer Arbeitgeber in Frage kommen wür-
de. In seiner bisherigen Laufbahn hat Hietzschold bereits in mehreren Funktion-
en, darunter Schauspiel, Regie und selbstverständlich Inspizienz, an Theaterpro-
duktionen mitgewirkt. Trotz der Passion für seinen Beruf musste er jedoch schon
öfter die Erfahrung machen, dass nicht immer alles so reibungslos ablaufen kann,
wie geplant. Meistens handelt es sich dabei nur um minimal verspätete Einsätze
oder falsch platzierte Licht- oder Soundeffekte. Doch in Ausnahmefällen kann es
auch richtig gefährlich werden.

Arbeiten an der Wartburg Durch Teamplay im Alltag zum Erfolg.

Der Tagesablauf des Inspizienten richtet sich am Produktionsprozess des jeweilig-
en Stückes aus. Er hat einen zweigeteilten Tag mit einer Vormittagsprobe und ein-
er Abendprobe bzw. Aufführung. Im Vorfeld kümmert er sich darum, dass die mit
der Regie abgesprochenen technischen Elemente vorhanden und einsatzbereit sind.

Frühphase:
Hier besteht seine Aufgabe aus der genauen Beobachtung der Proben. Dabei sam-
melt er die Informationen, die er für seine späteren Aufgaben brauchen wird und
macht sich mit dem Stück genauestens vertraut.

Mittlere Phase:
Zur Mitte der Probephase legt der Inspizient gemeinsam mit seinem Techniker-
team fest, wie die technischen Einrichtungen (z.B. Licht und Ton) für das jeweili-
ge Stück gestaltet werden. Darüber hinaus üben Inspizient, Regie, Ton-, Beleuch-
tungs- und Bühnenmeister die s.g. Cues ein. Dabei handelt es sich um zumeist
optische Signale, wann eine bestimmte Aktion (z.B. eine Toneinspielung) durch-
geführt werden muss.

Die Anpassung der Beleuchtung erfolgt über das sogenannten Beleuchtungspult. Je nach
Größe der Spielstätte wird entweder ein Saal oder aber, wie im Falle der Wartburg, die
gesamte Beleuchtungsanlage des Hauses von hier kontrolliert. Auf den Monitoren wird
der Beleuchtungsplan, das „Magic Sheet“, abgebildet. Unter anderem in dem Programm
enthalten sind Einstellungen zu Sequenzen und Stimmungen.  
Das Einspielen von Musik
wird über das Tonpult vorgenommen, welches auch mit der Funkeinrichtung der Mikro-
fone verbunden ist, um mögliche Tonprobleme auszugleichen oder einfach nur die Laut-
stärke zu regulieren.

Endphase:
In den Endproben vor der Premiere wird das Stück vollständig (mit allen tech-
nischen Elementen) aufgeführt. Der Inspizient ist dabei dafür verantwortlich,
dass der besprochene und eingeübte technische Ablauf des Stückes reibungslos
und sicher von statten geht.

Das Stück So wird die Vision zur Realität.

Hierbei handelt es sich um eine Hörprobe des Stückes. Besprochen werden unter
anderem große Klassiker der Opern- und Theatergeschichte, welche anfänglich
– ähnlich den Werken Oscar Wildes – geschmäht wurden, über die Jahre hinweg
jedoch zu zeitlosen Klassikern avancierten.

„Kill the Bugger“ beschäftigt sich mit der wohl schwersten Zeit des irischen
Schriftstellers Oscar Wilde. Schon kurz nach der Uraufführung war der Ruhm
des erfolgreichen, jedoch für seine kritischen Texte bekannten Autors, zerstört.
Der Grund dafür war seine Homosexualität, welche ihm die prüde Gesellschaft
des 19. Jahrhunderts nicht verzeihen konnte. Im viktorianischen Großbritannien
gab es keine Gnade für den Schreiber, der sich mit männlichen Prostituierten
traf, daher wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus mit Zwangsarbeit verurteilt.

Regisseur Thomas Jonigk rehabilitiert in seinem Stück, welches sich auf origi-
nale Gerichtsunterlagen und Texte von Wilde stützt, den Mann, dessen Reputa-
tion von seinen Zeitgenossen zerstört wurde.

Interesse geweckt? Das Berufsbild eines Inspizienten ist vielseitig und spannend, doch worauf sollte man vorbereitet sein?

Sollte man sich für den Beruf des Inspizienten interessieren, so stellt sich natür-
lich die Frage, welche Wege zum Ziel führen. Wie auch in vielen anderen Berufen
gibt es auch hier diverse Zugangsmöglichkeiten.

„Ein Job für Leute, die Spaß daran haben, Verantwortung zu tragen.”
– Frank Hietzschold

Doch wer seine Berufung in einem anderen Bereich gefunden hat, der sollte
sich dennoch hin und wieder in den Bann der Theaterwelt ziehen lassen. Das
gesamte Team vor und hinter der Bühne arbeitet tagtäglich darauf hin, den
Theaterbesuch für den Zuschauer zu einem unvergesslichen Erlebnis werden
zu lassen.

„Ich liebe es, Theater zu spielen. Es ist so viel realistischer
als das Leben.” – Oscar Wilde (1854 – 1900)


Eine Multimediareportage von

Sophie Börner, Martin Alexander Graafen, Jana Holler, Joana Müller, Valerie Bianca Muschik,
Rebecca Schönwitz, Daniel Stegman, Gina Valentin und Katharina Weber

Johannes Gutenberg – Universität Mainz, Wintersemester 2014/15